Cuisine Helvetica
Undoubtedly, you’ve heard of Switzerland’s famous chocolate and cheese. Did you also know that S...
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Christa Rigozzi: Andreas, wie würdest du dich in drei Worten beschreiben?
Andreas Caminada: Fokussiert, pflichtbewusst und intuitiv. Ich höre oft auf mein Bauchgefühl.
Du hast immer neue Ideen und Inspirationen. Woher nimmst du sie?
Inspiration ist überall. Man muss offen durchs Leben gehen, die Gesellschaft spüren, schauen, was andere machen und dann - oft bewusst - einen anderen Weg wählen. Wichtig ist für mich der Austausch mit Küchenchef und Miteigentümer Marcel Skibba, der mich seit zehn Jahren begleitet. Auch der Jahresrhythmus hilft mir, neue Ideen zu finden. Der Frühling zum Beispiel regt die Kreativität ungemein an ...
Wie behältst Du den Fokus auf das Wichtige?
Ich habe zwar viele Ideen, aber wir setzen sie konzentriert in unseren drei Bereichen um: Im Schloss, im Oz und in der Casa Caminada. Das macht die Arbeit spannend.
Hast du ein Lebensmotto?
«Immer mit dem Schlimmsten rechnen, aber auf das Beste hoffen». Das hilft mir, den Boden unter den Füssen zu behalten und erlaubt mir, Risiken einzugehen. Lieber scheitern als nie etwas zu gewagt zu haben.
Was machst du an einem freien Tag?
Wenn es geht, unternehme ich etwas gemeinsam mit meiner Frau. Wir fahren ins Tessin oder gehen wandern. Wenn sie arbeiten muss, gehe ich golfen. Aber ich geniesse es auch, einfach zu Hause im Garten zu sein und die Ruhe zu geniessen.
Welche Gerichte abseits der Sterneküche liebst du?
Das hängt von der Saison ab. Im Winter habe ich gerne Deftiges wie Käsefondue oder Gulasch, im Sommer eher leichte Kost, etwa Salate oder gegrilltes Gemüse. Bei uns zu Hause kommt einfache, gute Hausmannskost auf den Tisch, meistens aus frischen Produkten.
Wie wichtig ist Genuss in deiner Familie?
Sehr wichtig. Meine Frau schätzt gutes Essen, und auch die Kinder lieben es abwechslungsreich, auch wenn der Kleine ab und zu nach Fast Food verlangt. Das ist o.k.; es geht darum, Verschiedenes zu probieren und eine breite Palette an Geschmäckern zu erleben.
Du hast eine beeindruckende Karriere gemacht. Was bedeutet für dich Erfolg?
Erfolg ist für mich, etwas geschafft zu haben, das über den Tag hinaus Bestand hat. Ich sage: Wenn ein Projekt länger als zwölf Jahre überlebt, hat es Gewicht.
Hat sich dein Verständnis von Gastfreundschaft und Küche über die Jahre gewandelt?
Ja, besonders was die Gäste betrifft. Wir haben Schloss Schauenstein 2003 eröffnet; damals gab es noch keine Social Media. Durch sie hat sich viel verändert. Nachhaltigkeit wurde ein grosses Thema, entsprechend haben wir uns vermehrt auf Eigenproduktionen konzentriert. Aber auch die Küche hat sich gewandelt: Gefragt sind vermehrt vegetarische und vegane Gerichte. Und schliesslich gehen die Menschen heute anders mit der Umwelt um als damals. Deshalb haben wir mit dem OZ nun auch ein ein «grünes» Restaurant eröffnet.
Wie wichtig ist Regionalität im internationalen Kontext?
Wer reist, will lokale Produkte kennenlernen. Deshalb ist Regionalität wichtig, weil sie Identität schafft und Authentizität vermittelt. Man muss den Gästen die Möglichkeit geben, den Ort durch die Produkte zu spüren, aber man darf nicht stagnieren. Es ist wichtig, dass man immer offen für neue Einflüsse bleibt.
Was bedeutet Schloss Schauenstein für dich?
Es ist mein zweites Zuhause, der Ort, an dem ich mich selbstständig gemacht und viele wichtige Lebensjahre verbracht habe. Das Schloss strahlt eine besondere Energie aus und ist mein «Happy Place», in das ich sehr viel Liebe und Leidenschaft investiert habe.
Vor zwei Jahren habt ihr renoviert. Warum?
Wir wollten uns selbst motivieren, indem wir den roten Faden neu definierten und umsetzten. Nach zwanzig Jahren waren die Möbel und das Design etwas verbraucht. Wir wollten dem Gebäude neues Leben einhauchen, ohne seinen historischen Charme zu beschädigen.
Wie beeinflusst die Atmosphäre des Hauses das kulinarische Erlebnis?
Sie ist entscheidend, muss sowohl für die Gäste als auch für die Mitarbeitenden stimmen. Wenn das Team sich wohl fühlt, spüren das auch die Gäste. Der Spirit des Ortes ist das Wichtigste; den müssen wir täglich leben.
Gibt es weitere Pläne für das Schloss?
Wir wollen den Garten weiterentwickeln und vielleicht einen Poolbereich anlegen, mehr mit Eigenprodukten arbeiten auch. Wir haben viele Ideen, schlussendlich geht es aber darum, das bestehende und erfolgreiche Konzept langfristig zu erhalten und weiterzuführen.
Und wie sieht es aus mit der Casa Caminada?
Das Gasthaus mit Restaurant ist mein Herzensprojekt. Es bereichert Schauenstein um eine weitere Komponente und schafft eine Alternative zur Sterneküche. In der Casa bieten wir in lockerer Atmosphäre traditionelle Gerichte an. Die Schwelle ist niedrig; alle sollen sich willkommen fühlen.
IGNIV-Restaurants sind mittlerweile weltbekannt. Wie kam es zu diesem Sharing-Konzept?
Vor zehn Jahren wollten wir etwas völlig anderes machen, einen Gegenakzent zum Schloss setzen. Das Teilen von Gerichten im Restaurant war in der Schweiz damals noch wenig bekannt, aber wir waren überzeugt, dass dieses Konzept im Grunde zeitlos ist. Es schafft eine entspanntere Atmosphäre, ohne dass der Gast Abstriche an der Qualität machen muss.
Mittlerweile gibt es an vielen Orten auf der Welt IGNIVS. Was haben sie gemeinsam?
«Igniv» ist rätoromanisch und bedeutet «Vogelnest». Das Konzept haben wir in Bad Ragaz erstmals umgesetzt. Wir lizenzieren Partner, denen wir gewisse Vorgaben machen, aber auch genügend Freiraum für die Umsetzung eigener Ideen lassen. Dadurch entwickelt jeder Standort seine eigene Dynamik. IGNIV-Restaurants sind keine Kopien, sondern schaffen individuelle Erlebnisse.
Du hast vor zehn Jahren die Fundaziun Uccelin gegründet.
Du hast vor zehn Jahren die Fundaziun Uccelin gegründet. Was war die Idee dahinter?
Ich wollte etwas zurückgeben. Ich habe viel erreicht, aber ich weiss, dass ich auch Glück gehabt habe. Die Stiftung entstand aus meinem Wunsch, jungen Talenten, die nicht die finanziellen Mittel haben, die Möglichkeit zu geben, weltweit zu lernen. Wir haben ein Programm entwickelt, bei dem junge Köche und Servicekräfte während fünf Monaten für jeweils vier Wochen in den besten Restaurants der Welt und bei spannenden Produzenten arbeiten können.
Was war die Idee dahinter?
Ich wollte etwas zurückgeben. Ich habe viel erreicht, aber ich weiss, dass ich auch Glück gehabt habe. Die Stiftung entstand aus meinem Wunsch, jungen Talenten, die nicht die finanziellen Mittel haben, die Möglichkeit zu geben, weltweit zu lernen. Wir haben ein Programm entwickelt, bei dem junge Köche und Servicekräfte vier Wochen in den besten Restaurants der Welt arbeiten können.
Gab es in deiner Karriere Menschen, die dir eine ähnliche Chance gegeben haben?
David und Gisela Dustin. Sie haben mir in Vancouver gezeigt, was es auf der Welt alles gibt. Ich war ein junger Koch aus einem kleinen Dorf und hatte dort die Gelegenheit, in Toprestaurants zu arbeiten. Das war ein Schlüsselmoment für mich.
Was bedeutet es, Verantwortung für die nächste Gastronomiegeneration zu übernehmen?
Wenn man in meiner Position ist, kann man Vorbild sein und Dinge verändern. Mit der Stiftung wollen wir kurzfristig jungen Talenten einen Weg an die Spitze weisen und langfristig einen positiven Einfluss auf unsere Branche ausüben.
Was gibst du dem Nachwuchs fachlich und menschlich mit auf den Weg?
Das Wichtigste in unserem Beruf ist die Leidenschaft. Du musst Disziplin und Ausdauer an den Tag legen, brennen für das, was du tust. Der Weg an die Spitze ist beschwerlich und du brauchst einen langen Atem. Es geht nicht nur um Erfolg, sondern darum, eine Kultur zu schaffen und zu pflegen, die auf Qualität und Hingabe basiert.
Was lernst umgekehrt du von den Jungen?
Sie sind selbstbewusster als wir damals. Die heutige Generation hat weniger Angst, etwas Neues zu wagen. Sie ist offener und hat eine andere Herangehensweise an Dinge, und das hilft oft auch uns wieder weiter.
Du warst Juror bei der TV-Kochshow «Masterchef». Weshalb hast du dort mitgemacht?
Es war eine Möglichkeit, meine Perspektive zu erweitern und zu zeigen, dass Sternekoch sein mehr bedeutet als täglich in der Küche zu stehen.
Denkst du, dass solche populären Formate das Verständnis für hohe Kulinarik fördern?
Ja, definitiv. Shows wie diese tragen dazu bei, dass das Essen und dessen Zubereitung mehr wertgeschätzt wird. Die Menschen interessieren sich dadurch für Kulinarisches und die Gastronomie, und das hilft der ganzen Branche.
Hast du durch diese Medienpräsenz neue Gäste gewonnen oder Talente entdeckt?
Tatsächlich finden viele Leute dank solcher Sendungen den Weg zu uns. Talente für unsere Betriebe habe ich in diesem Format keine entdeckt. Aber es war spannend zu erleben, wie auch Hobbyköche für ihre Leidenschaft brennen können.
Wann wirst du wieder im Fernsehen zu sehen sein?
Wir haben gerade einen «Dinner-Club» mit Amazon gemacht, der wird gelegentlich ausgestrahlt. Mehr TV will ich nicht ausschliessen, aber die Sendung muss zu meiner Person und meinen Projekten passen.
Was bedeutet Fine Dining für dich?
Ein Gesamterlebnis aus gutem Essen, guter Gesellschaft und einer tollen Atmosphäre. Eine besondere Art, Zeit miteinander zu verbringen und schöne Erinnerungen zu schaffen.
Was wäre für dich das perfekte Dinner?
Eines wie im «Dinner Club». Da ging es ums Reisen, Entdecken und Erleben zusammen mit tollen Leuten. Kulinarisch war es eine Mischung aus allem, und die Gesellschaft hat das Erlebnis perfekt gemacht.
Und ein Restaurant, in das du gerne gehst?
Die Casa Casutt in Illanz ist eines meiner Lieblingsrestaurants. Es ist ein Wohlfühlort, wo ich weiss, dass ich immer gute Qualität bekomme.
Andreas Caminada (*1977) ist Chefkoch und Eigentümer des Schloss Schauenstein in Fürstenau (Graubünden). Unter seiner Leitung erlangte das Restaurant drei Michelinsterne und 19 GaultMillau-Punkte. Neben dem Schloss betreibt Caminada weitere gastronomische Einrichtungen in Fürstenau, darunter die Casa Caminada, ein Gasthaus mit Restaurant und Bäckerei und mit Laden, sowie das vegetarische Fine Dining-Restaurant Oz. Im Dezember 2015 eröffnete Caminada zudem das Restaurant IGNIV im Grand Resort Bad Ragaz, dem weitere IGNIVs in aller Welt folgten. Im gleichen Jahr gründete Caminada auch die Fundaziun Uccelin mit dem Ziel, junge Koch- und Servicetalente zu fördern. Die Stiftung unterstützt Nachwuchskräfte in der Gastronomie und trägt zur Sicherung hoher Qualitätsstandards bei.